Machtworte. Sprache lesen

Welt übersetzen. Sprache lesen, hören, sehen in Thüringen

Es war ein universelles Ereignis für die Welt: 1521 fand der geächtete Reformator Martin Luther Zuflucht hinter den Burgmauern der Wartburg in Eisenach und begann mit der Übertragung des Neuen Testaments aus der griechischen Urfassung ins Deutsche. In nur vier Monaten hat er damit Weltgeschichte geschrieben. 2022 feiert Thüringen das 500-jährige Jubiläum der Übersetzung des Neuen Testaments. Unter dem Motto: „Welt übersetzen. Sprache lesen, hören, sehen in Thüringen“ werden der Einfluss der Übersetzungen auf das Wort, die Musik und das Bild beleuchtet.

Sprache Luthers

Bei einem Lästermaul sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Also Zähne zusammenbeißen, auch wenn es einem ein Dorn im Auge ist. Sprachbilder, Sprichwörter und Alliterationen, die allzu gut bekannt sind. Wer hat’s erfunden? Der Mann, der das Neue Testament auf der Wartburg übersetzte. Er sprach viele Machtworte oder besser gesagt, schrieb sie. Viele von Martin Luthers sogenannten geflügelten Wörtern stehen noch heute im Duden. In Thüringen lässt sich der Sprache Luthers besonders in den Museen, Ausstellungen und den Lutherstädten näher kommen. 

Worte und Orte

Das Leben und Wirken Martin Luthers ist eng mit Thüringen verbunden: Im Erfurter Augustinerkloster lebte er von 1505 bis 1511 als Mönch der damals noch einheitlichen Kirche, ehe er 1517 mit seinem berühmten Thesenanschlag in Wittenberg im heutigen Sachsen-Anhalt zum Reformator wurde. In Eisenach auf der Wartburg übersetzte er das Neue Testament ins Deutsche, in Schmalkalden weilte er, um das Bündnis der Protestanten gegen den katholischen Kaiser zu schmieden. Auch in Thüringer Städten wie Altenburg, Mühlhausen, Weimar, Jena und Gotha lässt sich auf den Spuren Luthers wandeln. Verbunden werden bedeutende Wirkungsstätten Luthers und wichtige Orte der Reformation auch auf dem 1010 Kilometer langen Lutherweg. Der Gast erlebt dabei herrliche abwechslungsreiche Landschaften und landschaftlich reizvolle Teilstrecken. Markiert ist er mit einem grünen „L“ auf weißem Grund.

Zentrale Lutherstätte Thüringens ist die Wartburg in Eisenach 

Als erste deutsche Burg wurde sie in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen: die Wartburg in Eisenach. Sie wurde über Jahrhunderte geprägt von weltweit bedeutenden Ereignissen und Persönlichkeiten. Einer davon war Martin Luther, der ab dem 4. Mai 1521 für rund 300 Tage auf der Wartburg lebte und hier das Neue Testament ins Deutsche übersetzte. Die Lutherstube, authentische Wohn- und Arbeitsstätte des Reformators, ist seither Ziel unzähliger Pilger. Sie gilt als Keimzelle der deutschen Schriftsprache. 

Die neue Ausstellung „Luther übersetzt. 500 Jahre Neues Testament auf der Wartburg“, die vom 4. Mai bis 6. November 2022 gezeigt wird, ist ganz dem kulturellen Themenjahr 2022 gewidmet. Die Arbeit an den Inhalten der Heiligen Schrift in ihrer theologischen Dimension und mit Mitteln der Sprache wird in der Ausstellung ebenso anhand von originalen Quellen wie durch medial aufbereitete Beispiele verdeutlicht. Besucher sollen auf informativ-unterhaltsame und interaktive Weise mit der Problematik und mit der Geschichte des Übersetzens vertraut gemacht werden. Im Außenbereich der Wartburg wird eine „Übersetzungswerkstatt“ die Themenvielfalt des Übersetzens unmittelbar erfahrbar machen. 

Luther und die Bibel im Lutherhaus Eisenach 

Die mehrfach ausgezeichnete Dauerausstellung unter dem Titel „Luther und die Bibel“ ist im Lutherhaus Eisenach, einem der ältesten und imposantesten Fachwerkhäuser Thüringens, zu sehen. Wer hier zum Thema „Luther und die Bibel“ auf Entdeckungsreise geht, kann sich auf außergewöhnliche Exponate, ausgefeilte Multimedia-Präsentationen und überraschende Einsichten freuen. Dabei geht es längst nicht nur darum, wie und warum Luther die Bibel übersetzte, sondern auch um grundlegende Einflüsse, die sein Werk auf Sprache, Literatur und Musik nahm. Im Jubiläumsjahr 2022 wird die Ausstellung mit neuen Inhalten ergänzt – zu sehen ab 14. April 2022. 

Die Rolle Martin Luthers in Bezug auf das „entjudete“ Neue Testament wird in der bis Ende 2022 verlängerten Ausstellung „Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ‚Entjudungsinstitut‘ 1939–1945“ kritisch beleuchtet. Die vielbeachtete Sonderausstellung des Lutherhauses erläutert die Entstehung, Arbeit und Wirkung des berüchtigten „Entjudungsinstituts“ der evangelischen Kirchen. 

Sprachexplosionen

Unter dem Titel „Sprachexplosionen“ fasst die Klassik Stiftung Weimar ab 6. Mai 2022 einen Parcours zu Ehren der Wortkünstler Goethe, Schiller und Wieland zusammen. Poetisch, neu, schön, kontrovers, explosiv: Die Klassik Stiftung Weimar inszeniert Weimar als Stadt der Sprache. Elemente im Stadtraum und Medieninstallationen in Goethes und Schillers Wohnhaus setzen Worte, Statements und Literatur in Szene. Dafür werden die Erdgeschoss- Zonen des Schiller- und Goethehauses in neuer Form für das Publikum geöffnet, und das bei freiem Eintritt. Neben Wieland, Goethe, Schiller und Ottilie von Goethe kommen im Stadtraum auch Friedrich Nietzsche, Dolf Sternberg und Viktor Klemperer zu Wort. Im Museum Neues Weimar wird die Sprache des Nationalsozialismus thematisiert und im Nietzsche-Archiv Elisabeth Förster-Nietzsches Fälschungen der Schriften ihres Bruders.
Unter dem Titel „Wieland. Weltgeist in Weimar“ rückt eine Ausstellung vom 6.5.-14.8.2022 im Goethe- und Schiller-Archiv den heute weniger bekannten Schriftsteller ins Licht der Öffentlichkeit. Zum 250. Jahrestag der Ankunft von Christoph Martin Wieland in Weimar zeigt das Goethe- und Schiller-Archiv Handschriften, Bücher, Gebrauchsgegenstände und Grafiken des Schriftstellers und Übersetzers. Ab 4.9.2022 öffnet das frisch renovierte und mit neu konzipierter Dauerausstellung ausgestattete Wielandgut im zehn Kilometer entfernten Oßmannstedt.

Alle Informationen zu Veranstaltungen und Ausflugstipps sowie inspirierende Geschichten zum Thema gibt’s auf der Webseite weltkultur.thueringen-entdecken.de und bei der Thüringer Tourismus GmbH unter der Rufnummer +49 (0) 361-37420, per Email an service@thueringen-entdecken.de und unter www.thueringen-entdecken.de.